Die übermächtige Tradition des
Kriegstoten-Gedenkens:

Billerbecker Gedenkorte

 


Gedenkstätte in der Aulendorfer Marienkapelle

Die Stadt Billerbeck ist an Gedenkorten, wo öffentlich der Kriegstoten des Ersten und Zweiten Weltkriegs gedacht wird, nicht gerade arm.

In der St. Johannis-Kirche erinnert ein Stein-Epitaph mit Sebastian-Figur an die „Gefallenen“ des Ersten Weltkriegs aus dem Amt Billerbeck. Das schlichte Denkmal schuf der Billerbecker Bildhauer Bernd Meyer (1885-1969).

In der Landwirtschaftsschule (heute Kulturzentrum) befindet sich eine Holztafel, die den „Helden von 1914-1918“ gewidmet ist und namentlich die gefallenen Mitschüler erwähnt.

Am markantesten ist das am 5. September 1926 eingeweihte „Kriegerehrenmal“ in unmittelbarer Nähe der St.

Gedenkorte an die
Kriegstoten in Billerbeck
(ohne Gerleve)

  • Steinerne Gedenktafel mit Sebastian-Figur fĂĽr die „Gefallenen” des Ersten Weltkriegs aus dem Amt Billerbeck in der St. Johannis-Kirche
     
  • Hölzerne Gedenktafel fĂĽr die „Helden von 1914-1918” mit namentlicher Erwähnung der gefallenen MitschĂĽler in der Landwirtschaftsschule (heute Kulturzentrum)
     
  • „Kriegerehrenmal” fĂĽr die „gefallenen Söhne“ des Ersten Weltkriegs aus Stadt und Amt Billerbeck, eingeweiht am 5. September 1926; nach 1945 in der Praxis zum Gedenkort an die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs erweitert
     
  •  Gedenkstätte im Nordturm der Propsteikirche St. Ludgerus fĂĽr die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs aus dem Pfarrbezirk; Holzkreuze mit den Namen der Gefallenen, Steintafel fĂĽr die Vermissten
     
  • Gedenkstätte in der Kapelle der Bauerschaft Aulendorf fĂĽr die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs
     
  • „Ehrenanlage” des Volksbunds Deutsche KriegsgräberfĂĽrsorge mit Gedenkstein fĂĽr „Unsere Toten 1939-1945” und 23 Kriegsgräbern in der Nähe des nördlichen Eingangs auf dem alten Friedhof, eingeweiht am 1. November 1955
  • Ludgerus-Kirche. Bernd Meyer gestaltete das Ehrenmal in Anlehnung an die barocke Sterbekapelle des Hl. Liudger von 1732, die 1890 dem Neubau des „Domes” weichen musste. In der Kapelle sind die „gefallenen Söhne” aus Stadt und Amt namentlich aufgelistet.

    Ein Bibelzitat spricht von dem „heiligen und heilsamen Gedanken, der toten Krieger zu gedenken”. Das christliche Kreuz dominiert das Kapelleninnere, das Eiserne Kreuz schließt die Kuppel ab. Deutsch-nationale und christliche Symbolik gingen eine Einheit ein und erhielten ihre lokalspezifische Färbung durch die Anspielung auf die traditionelle katholische Ludgerusverehrung.

    Das „Kriegerehrenmal” bildet über die Jahrzehnte hinweg, von der Weimarer Republik über das nationalsozialistische „Dritte Reich” bis in die Bonner Republik und in die Gegenwart hinein, den zentralen Billerbecker Gedenkort an die Kriegstoten des ganzen 20. Jahrhunderts. Denn das „Kriegerehrenmal” des Ersten Weltkriegs nahm nach 1945 auch das Gedenken an die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs auf, ohne dass durch eine zusätzliche Inschrift und ergänzende Namenstafeln darauf verwiesen worden wäre.

    Der solchermaßen ausgeweitete, aber immer noch „Kriegerehrenmal” genannte Gedenkort gab nach 1948 und gibt bis heute die Kulisse ab für die alljährlich abgehaltenen Gedenkstunden des Volkstrauertags.

    Schon kurz nach Ende des Krieges entstand in der Propsteikirche St. Ludgerus eine Gedenkstätte, die den Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs aus dem Pfarrbezirk gewidmet ist. In der Kapelle des Nordturms hängen kleine Holzkreuze mit den Namen der Gefallenen, eine Steintafel erinnert an die Vermißten.

    Im Mittelpunkt der Kapelle steht die Nachbildung einer Pieta von Wilhelm Achtermann aus dem MĂĽnsteraner Dom, die, von einem Billerbecker BĂĽrger gestiftet und von B. Meyer gearbeitet, 1937 aufgestellt worden ist. Standort und Pieta betonen den katholischen Kontext der Totenehrung.

    Am 1. November 1955 wurde auf dem alten Friedhof, in der Nähe des nördlichen Eingangs, eine „Ehrenanlage” mit Kriegsgräbern eingeweiht. Das massive Steinkreuz soll kollektiv an „Unsere Toten 1939-1945” erinnern. Es trägt jene fünf Kreuze, die in ihrer spezifischen Anordnung und unterschiedlichen Größe das Signet des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge wiedergeben.

    weiter: Die übermächtige Tradition des Kriegstoten-Gedenkens:
    Das Problem des “ehrenhaften” Gefallenen-Gedenkens nach 1945

     

     

    Teil 1
    Die Ăśbergabe der Gedenktafel - Einleitung

     

    Teil 2
    Der Kontext:
    Das Projekt der Umge- staltung des „Krieger- ehrenmals“

     

    Teil 3:
    Die übermächtige Tradition des Kriegstoten-Gedenkens: Billerbecker Gedenkorte

     

    Teil 4:
    Die übermächtige Tradition des Kriegstoten-Gedenkens: Das Problem des “ehrenhaften” Gefallenen-Gedenkens nach 1945

     

    Teil 5:
    Die übermächtige Tradition des Kriegstoten-Gedenkens: Das Problem des bundesrepublikanischen Opfer-Gedenkens

     

    Teil 6:
    Die vergessenen und verdrängten Opfer des Nationalsozialismus: Einheimische „Euthanasie“-Opfer

     

    Teil 7:
    Die vergessenen und verdrängten Opfer des Nationalsozialismus: Ausländische Zwangsarbeiter

     

    Teil 8:
    Nachholendes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Die verfolgten und vertriebenen, verschleppten und ermordeten Juden

     

    Teil 9:
    Nachholendes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus:
    Die Billerbecker Shoah-Opfer auf der neuen Gedenktafel 

     

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