“Wenn die Erinnerung nicht vorhanden ist,
wird das Ungeheure schnell vergessen."

Anna Uhlmann, geb. Albersheim schrieb aus den USA

Der Förderverein Mahnmal Billerbeck e.V. hat auf seine Arbeit eine ebenso unerwartete wie erfreuliche Resonanz erfahren. Es konnte ein Kontakt hergestellt werden mit der ehemaligen Billerbecker Mitbürgerin jüdischen Glaubens Anna Uhlmann geb. Albersheim, die 1910 geboren wurde, Ende der 30er Jahre Billerbeck verlassen hat  und jetzt bei Chicago lebt.

Der Billerbecker Franz Kroll steht seit langer Zeit mit dieser Jugendfreundin seiner Mutter in Verbindung. Sie sandte Herrn Kroll eine Namensliste aller jüdischen Bürger, die 1933-1938 noch in Billerbeck gewohnt haben mit der Bitte, diese Liste an den Förderverein weiterzugeben.

Dann erhielt sie das Buch "Kapelle der Friedfertigkeit".

Sie schrieb daraufhin am 1.4.2001 an Herrn Kroll:
"(...) Dann hatte ich einen sehr netten Brief von W. Suwelack. Er sandte auch ein Buch von dem Kriegerdenkmal mit. Ich erinnere mich, noch wie das Denkmal in 1926 eingeweiht wurde. Ich fand es sehr angebracht, denn es passte im Stil zur Billerbecker Architektur. Scheinbar hat man auch die jüdischen Namen angebracht, zumindest stehen Sie im Buch. (...) Auf jeden Fall kümmert sich Billerbeck jetzt um seine jüdischen Mitbürger."

Am 3. April 2001 schrieb sie:
"Sehr geehrter Herr Suwelack, über Ihren Brief vom 26. März habe ich mich sehr gefreut und möchte denselben schnell beantworten. Auch danke ich besonders für das Buch ,Kapelle der Friedfertigkeit´ sowie die Zeitungsartikel.

Natürlich ist alles für mich von großem Interesse. Ich erinnere mich gut, wie das Denkmal 1926 eingeweiht wurde.(...)

Dass die Namen der ehemaligen jüdischen Bürger in dem Buch enthalten sind, ist natürlich eine Würdigung  der Opfer. Nichts kann wieder gut gemacht werden, jedoch wenn die Erinnerung nicht vorhanden ist, wird das Ungeheure schnell vergessen."

Anna Uhlmann beschreibt dann ihre Kontakte nach Vreden, wo sie viele Jahre ebenfalls wohnte und, dass Vreden alle jüdischen Mitbürger eingeladen hatte und sie dort viele Freunde wieder traf. Sie beschreibt weiter ihre Freundschaft mit Mathilde Kroll und ihrem Sohn Franz und berichtet über die Herkunft ihres Mannes aus Bad Driburg, der sich als Bauingenieur 1945 in den USA selbständig machte. Nach seinem Tod übernahm ihr Sohn George das Geschäft.

Dann fährt sie fort: "Wie ich sehe, wohnen Sie noch auf der Münsterstraße, Herr Suwelack. Ich kann mich gut an die Familie erinnern. Der alte Herr war recht stattlich. Das Haus war gegenüber der Molkerei gelegen. Es war auch eine Tochter Maria da sowie Herr Willy und Richard Suwelack.

Mein Vater hatte die Praxis in dem Betrieb. Wenn immer er mich mitnahm, bekam ich reichlich gute Waffeln. Die Waffeln waren z.Zeit sehr bekannt. Mein Vater starb 1927. Herr Richard Suwelack besuchte meine Mutter oft.

Meine Eltern hatten eine gute Ehe. Es war sehr schwer für meine Mutter, sich an das Alleinsein zu gewöhnen. (...) Es war natürlich nicht leicht, neu anzufangen, da wir nicht viel mitnehmen durften. Wir waren jung und haben es geschafft. Auch meine Brüder waren erfolgreich. Mein Bruder Paul ist jung gestorben. Er war nach Spanien ausgewandert und dann nach Argentinien. Er hatte eine gute Anstellung, und dann lehrte er auch Spanisch.

Der Stammbaum "Albersheim" geht weit zurück. Es sind einige Bücher darüber geschrieben. Nun habe ich den Stammbaum weitergemacht und zwar von den Albersheim in Billerbeck.

Herr Suwelack, ich hatte Billerbeck aufgegeben.

Herr Buergermeister Kemper war sehr behilflich und hat auch dafür gesorgt, dass der Name meiner Mutter auf dem Doppelstein eingraviert wurde.

Natürlich bin ich sehr enttäuscht, dass man ,Hannelore-Stein-Weg´ an unserem früheren Haus angebracht hat. Es hätte ,Albersheim Weg´ genannt werden müssen.

Meine Mutter sowie meine Tante und Cousine Ruth mit zwei kleinen Kindern sind  allesamt im KZ umgekommen. Die Kinder von Ruth, Rolf und Eva, wurden vor den Augen ihrer Mutter erschlagen.

Ich bin sehr dafür, dass Hannelore Stein geehrt wird, aber an anderer Stelle. Es stört mich sehr, wenn Fremde nach den Orten kommen, die sie  gar nicht kennen und wollen etwas tun. Es ist nicht richtig. (...)

Nochmals danke ich Ihnen und bin mit vielen Grüßen

Anna Uhlmann"